Burnout? Depression?

Für die Liebhaber von Fakten, hier ein paar Zahlen, auch wenn sie ein trauriger Ausdruck unserer Gesellschaft und deren Innenleben sind

  • ca. 20 % der Bevölkerung (jeder 5) erleben mindestens einmal im Leben eine Depression,
  • ca. 12 % der Befragten gaben an, an einer Depression zu leiden
  • Bezieht man die leichten Depressionen mit ein, sind es mehr, als 30 %, also jeder Dritte,
  • Vor allem Menschen zwischen 20 und 30 Jahren und wieder mit ca. 50 Jahren erleben Depressionen
  • 11.000 Suizide jährlich auf Grund von Depressionen,
  • Höhere Sterberate auf Grund von Herzkrankheiten und Krebs auf Grund von Depressionen,
  • 50 % aller operierten Patienten weisen keinen organischen Befund auf, es sind psychische Fälle,
  • Mehr als 2.000.000 Bürger leiden an einer Geisteskrankheit und sind deshalb arbeitsunfähig,
  • Viele 10.000 Kinder leiden an ADS und ADHS,

Diese Zahlen sind u. a. nachzulesen unter

http://de.statista.com/themen/149/depression/

Da ich Realist bin, glaube ich den Zahlen nicht, die Dunkelziffer eingeschlossen, liegen die Zahlen wesentlich höher.

In dem Buch „The Big Five for Life“ von John Strelecky unterhalten sich die beiden Hauptakteure Thomas und Joe und Thomas sagt: „das er in mir – und auch in manchen anderen – etwas gesehen habe, das er in jüngeren Jahren jeden Morgen auch bei sich selbst bemerkt hatte. Ein unglaubliches Gefühl der Hoffnung und ein enormes Potenzial, überlagert von einer stillen Verzweiflung.“

Diese Feststellung begegnet uns nicht nur im englischsprachigen Raum, sondern sie ist auch bei uns zu Hause, mir begegnet sie bereits morgens in der Bahn bei den Erwachsenen und dem Bus bei den vielen Schülern zwischen 12 und 16 Jahren und den ganzen Tag über bei den Menschen, mit denen ich arbeite im Sinne von lehren (nicht wegen meiner Lehrtätigkeit), aber auch denen, die zu mir kommen und ein Coaching möchten.

Es gibt viele schlaue Bücher zu den Themen von Depression und Burnout und sie alle betrachten die „Krankheit“ von außen. In meinem Unterricht und Coaching sind mir viele Menschen auf dem Weg der Genesung von einem Burnout begegnet, alle nach stationärer und/oder ambulanter Behandlung, alle nicht wirklich gesund. Allen habe ich eine Frage gestellt, die da lautet „wurde mit ihnen eine Persönlichkeitsstrukturanalyse durchgeführt?“ Die immer gleiche Antwort lautet „nein“.

Nun komme ich zum Thema: Wir werden in dem Bewusstsein erzogen und das glauben wir tatsächlich, dass das Leben das ist, was wir außerhalb von uns (er)leben. Wir unterliegen der Täuschung, dass wir die Welt sehen, wie sie ist und glauben an einen, wenn auch als Subjekt, objektiven Blick. Sehen es viele Menschen so, wie wir, können wir uns natürlich auch gar nicht täuschen. Und da wir an unsere Wahrnehmung glauben, versuchen wir das, was wir wahrnehmen zu verändern, indem wir es außen verändern wollen. Wir streben danach, Situationen und Menschen in unserem Sinne in ihrem Denken und Handeln zu verändern –

  • das beginnt bei den eigenen Kindern mit der sogenannten Erziehung und endet in der Schule bei fremden Kindern
  • das geschieht täglich auf der Arbeit, indem der Chef an seinen Mitarbeitern rumnörgelt
  • das machen die Politiker, indem sie sich gegenseitig der Untätigkeit und anderer Fehlverhalten bezichtigen (was auch nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, aber jeder fasse sich an die eigene Nase)
  • das ist im Sport der Fall
  • und überall sonst in unserem Leben

Wir leben davon, manipuliert zu werden und nutzen die Manipulation, um uns ein angenehmeres Leben zu verschaffen. Wir manipulieren, weil wir glauben, dass es uns schlecht geht, dass wir uns in einem Mangel befinden, materiell, geistig und natürlich auch immer körperlich. Und weil wir diesen Mangel glauben zu fühlen, versuchen wir diesen durch die Veränderung der äußeren Umstände zu beseitigen. Mit unserem Handeln erreichen wir tatsächlich auch temporär punktuelle Veränderungen, die aber nur einen neuen Mangel hervorrufen. Wir sind völlig auf die Außenwelt fixiert, ohne sie auch nur im geringsten Maße zu verstehen. Es wird uns ja auch nicht gelehrt, von wem auch.

Maslow`s Bedürfnispyramide wird in der fünften Stufe, der „Selbstverwirklichung“ im Sinne einer früheren Sparkassen-Fernsehwerbung „Mein Haus, mein Auto, …“ im gesellschaftlichen Kontext ausschließlich im Haben interpretiert, definiert und realisiert. Nur so macht Werbung Sinn und nur so wird nach Marx das Produkt zur Ware. Der Mensch wird über diesen Prozess irre und wie der Autor Manfred Lütz schreibt, ist es „IRRE! Wir behandeln die Falschen“ http://www.amazon.de/dp/3442156793/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1321554353&sr=8-1

Die Hopi sagen „sie werden vor vollen Tellern sitzen und trotzdem verhungern“. Ja, unsere Teller sind voll im Sinne von Haben, aber wir sind geistig verhungert, wir haben geistige Hungerödeme. Wir lernen im Sinne von IQ (Haben), wir verhungern im Sinne von EQ und SQ (Sein).

Mit der „Selbstverwirklichung“ meint Maslow aber in Wirklichkeit etwas anders, nämlich die geistige Selbstverwirklichung, also die Suche in mir selbst, nach meiner inneren Kraft, meiner Herkunft und meinem Weg unter dem Blickwinkel von Nachhaltigkeit. Es ist eben die Emotionalität und die Sinnhaftigkeit mit Nachhaltigkeit des Lebens. Diesen Prozess erkennend, kommen wir auch nicht mehr mit der Außenwelt in Widerspruch, denn dann ist die Welt, wie ich sie sehe. Auch wenn das in unserem Bewusstsein gar nicht hinterlegt ist, so leben wir es allerding doch unbewusst. Suche ich nach Angst, werde ich sie haben und machen, suche ich nach Schuld, werde ich sie suchen und zuweisen, will ich Kritik, werde ich sie üben und erhalten und brauche ich Wut und Zorn, werde ich sie haben oder anderen machen.

Wir glauben, es gäbe eine Welt außerhalb von uns, das ist nicht wahr, es stimmt, dass es die Welt im Sinne der Erde als Planeten gibt, aber für uns als Mitteleuropäer, die nicht mehr wirkliches Leid und Gefahren kennen, ist alles, wovon wir glauben, dass es Realität wäre, einfach nur das Ergebnis der Projektion in unserem Kopf. Unsere Welt, ob gut oder schlecht, entsteht in unserem Kopf. Das Leid ist nicht Außen, dass ist in unserem Kopf und mit unserem Leid im Kopf sorgen wir wiederum für das Leid im Kopf der nachwachsenden Generationen, sie werden noch kranker, als wir es heute schon sind.

Wir haben für uns definiert, dass Geschehnisse mit Mangel oder Schmerz verbunden sind, obwohl sie bei genauerer Betrachtung Bestandteil eines jeden Lebens sind. Durch diese Fehlinterpretationen lenken wir uns von den tatsächlich gefühlvollen Momenten ab, wenden uns von uns persönlich ab und lassen das Leben nicht fließen. Wir versuchen fortlaufend bei den persönlich positiven interpretierten Dingen einen Stausee zu schaffen, um sie nie zu verlieren und bei den geglaubten negativen Umständen versuchen wir Stromschnellen einzubauen und bringen damit unseren Lebensrhythmus und damit auch den Geist durcheinander. Es sind Geisteskrankheiten, weil wir den Geist nicht fließen lassen und auch ein stehendes Gewässer wird trüb und fängt irgendwann an zu stinken.

Depression und Burnout als Bestandteile der Geisteskrankheiten entstehen nicht auf Grund äußerer Einflüsse, sondern auf Grund der persönlichen Fehlinterpretation der äußeren Welt aus der Sicht meiner ganz persönlichen Vorstellungen über diese Welt. Es ist die Unfähigkeit, sich vom Leben tragen zu lassen, Umstände zu nehmen, wie sie sind. Es ist der fehlende innere Halt und immer wieder die Orientierung nach Außen, der fortwährende Versuch, die große Welt meinem kleinen egoistischen Weltbild anzupassen. Da sich aber die Welt nur verändert, wenn ich meine Betrachtung verändere, wird mein innerer Widerspruch größer und der Abstand zu einer Krankheit kleiner. Die Frage nach der Persönlichkeitsstruktur gibt Antwort auf meine persönlichen Widersprüche zu meiner Außenwelt und diese muss ich für mich auflösen. Die Welt wird sich nicht verändern, ich kann meine Sicht auf die Welt verändern, das gelingt mir allerdings nur, wenn ich mich (er)kenne.

Unser ganz persönliches Leben findet nicht außerhalb von uns in irgendeiner Welt statt. Diese Welt ist ausschließlich in uns und wir sehen die Bilder, die wir sehen wollen und wir leben ausschließlich das Leben, das wir leben wollen, jeden Tag entscheiden wir uns erneut für unser tägliches Leben.

Verändern wir unsere Weltsicht und die Welt sieht für uns sofort anders aus, damit haben wir bereits die Welt verändert.

Eine differenzierte Betrachtung möchte ich all jenen zugestehen, die depressiv sind, weil sie körperlichen und seelischen Grausamkeiten, wie Krieg, körperlichem und geistigem Missbrauch und anderen Perversionen ausgesetzt waren oder noch immer sind.